02.01.2003

Sehr geehrter Herr Dr. Sauberzweig.

Die aktuelle Entwicklung des Themas Dosenstrom interessiert unsere Redaktion durchaus. Aus aktuellem Anlass würde uns besonders die Frage interessieren, ob und in welcher Weise Dosenstrom seit dem 1. Januar von Dosenpfand betroffen ist. Mit wieviel Pfand sind die einzelnen Gebindegrößen ggf. belastet? Wie reagiert der Handel, wie die Stammkundschaft? Werden sich nach Ihrer Einschätzung durch das Pfand die Marktanteile verschieben? Wird es ein einheitliches Rücknahmesystem geben? Wird die Dosenstromindustrie gemeinsam mit der Getränkeindustrie weiterhin den Klageweg beschreiten?

Mit freundlichen Grüßen
Guido Bröer
Redaktion Solarthemen
http://www.solarthemen.de
http://www.solarbundesliga.de



03.01.2003

Sehr geehrter Herr Bröer,

mit Recht sprechen Sie die Problematik des Dosenpfands an. Auch auf Dosenstrom muß seit dem 1. Januar ein Pfand von 25 Ct unabhängig von der Gebindegröße gezahlt werden. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der noch aus der Zeit von Bundesumweltministerin Angela Merkel stammenden Verpackungsverordnung (VerpackV). Da Strom aus prinzipiellen Erwägungen bisher nicht im Merwegsystem angeboten wird - wer erinnert sich nicht an die umständliche Handhabung des Flaschenstroms in den dreißiger und vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts - wird die geforderte Mehrwegquote im Strombereich zwangsläufig unterschritten. Daher greift automatisch die Pfandpflicht.

Bisher haben es die Interessenverbände der deutschen Dosenstromabfüller allerdings mit Bedacht vermieden, durch Klagen oder öffentliche Pauschalkritik in den Chor der Dosenpfandgegner einzustimmen, die ja ihre Prozesse reihenweise verlieren und daher in der Öffentlichkeit als beleidigte Vertreter egoistischer Partialinteressen wahrgenommen werden. Ein Überschwappen dieses negativen Images auf die Dosenstromwirtschaft könnte diesen jungen und noch labilen Markt empfindliche Rückschläge bereiten und eine Pleitewelle auslösen.

Nichtsdestotrotz stellt die Einführung des Dosenpfandes ein Problem dar. Dosenstrom wird ja bisher noch kaum in Supermärkten, sondern überwiegend im Elektrofachhandel, im Versandhandel und über das Internet vertrieben. In diesen Handelssparten sind Pfandsysteme bisher weitgehend unbekannt, was die Einführung eines flächendeckend einheitlichen Pfandsystems empfindlich erschwert. Hinzu kommt, daß Stromdosen selbstverständlich nicht über das in Aussicht gestellte einheitliche Rücknahmesystem für Getränkedosen eingesammelt werden können, da der in den Dosen enthaltene Reststrom so dauerhaft einer Wiederverwertung als Recyclingstrom entzogen würde, was die energetischen Vorteile des Dosenstroms gegenüber dem Leitungsstrom (bei dem eine Recyclingstromnutzung grundsätzlich ausgeschlossen ist) zunichte machen würde. Außerdem würde der Spannungsabfall zu Sicherheitrisiken beim herkömmlichen Getränkedosenrecycling führen.

Bisher noch wenig diskutiert, jedoch von nicht minderer Bedeutung ist, daß durch das Dosenpfand gewissermaßen durch die Hintertür eine Art Grund- oder Leistungspreis für Dosenstrom eingeführt wird. Gerade hier liegen aber die wesentlichen wirtschaftlichen Vorteile des Dosenstroms gegenüber dem Leitungsstrom.

Abschließend sehen wir in der Einführung des Dosenpfandes für Dosenstrom einen schwerwiegenden Eingriff in die Bemühungen um eine nachhaltige Markteinführung dieser praktischen, preiswerten und umweltfreundlichen Variante des Vertriebs elektrischer Energie. Dadurch degenerieren die Bekenntnisse der Bundesregierung zu einer neuen Energiepolitik zu einem reinen Lippenbekenntnis. Das Institut für angewandte Dosenstrom-Forschung befindet sich derzeit in vertraulichen Gesprächen mit dem Bundesumweltministerium, ob bei der avisierten Modifizierung der Dosenpfandregelungen der Dosenstrom von der Pfandpflicht ausgenommen werden kann. Parallel dazu lasssen wir z. Zt. juristisch prüfen, ob das Dosenpfand für Dosenstrom gegen europäisches Energierecht verstößt und eine diesbezügliche Klage vor dem europäischen Gerichtshof Aussicht auf Erfolg haben könnte. Allerdings geben wir einer Konsenslösung eindeutig den Vorrang und würden hierbei gerne an die erfolgreichen Verhandlungen zum Atomkonsens anknüpfen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Sauberzweig
Institut für angewandte Dosenstrom-Forschung